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Aus dem Archiv, von der Pressestelle der DMLBonn e.V.


"Die Terroristen sind unsere Soehne"

Abdel Rahman al-Rashid, Direktor des Fernsehsenders Al Arabiya, rechnet ab: mit islamistischem Terror und dem Schweigen der arabischen Welt.


Fest steht: Nicht alle Muslime sind Terroristen. Fest steht aber auch: Fast alle Terroristen sind Muslime. Das einzugestehen ist sehr betrueblich. Die Geiselnehmer von Beslan: Muslime. Die Entfuehrer und Moerder der nepalesischen Koeche und Arbeiter im Irak: Muslime. Die Reiterbanden, die in Darfur vergewaltigen und morden: Muslime wie ihre Opfer. Die beiden Frauen, die in Russland zwei Flugzeuge zum Absturz brachten: Muslime.

Bin Laden ist ein Muslim. Die Mehrheit derer, die in den letzten zehn Jahren Selbstmordattentate auf Busse, Schulen, Wohnhaeuser und andere Gebaeude ueberall auf der Welt veruebten - sie bestand aus Anhaengern des Islam. Was fuer eine schreckliche Bilanz! Sagt sie uns nicht etwas ueber uns selbst, unsere Gesellschaft und unsere Kultur?

Beschaemend und entwuerdigend

Ob man sie in ihrer Gesamtheit betrachtet oder jedes fuer sich: Diese Bilder sind grausam, beschaemend und entwuerdigend fuer uns Muslime. Was sie zeigen, ist wirklich geschehen. Dieser Realitaet sollten wir uns stellen, statt uns vor diesen Bildern zu verstecken oder sie gar zu rechtfertigen und wie so oft in wohlklingenden Texten und Predigten unsere grossen historischen Leistungen zu beschwoeren.

Es waere ein Leichtes, uns selbst zu kurieren, wenn wir nur anerkennen wuerden, dass wir in einer kranken Gesellschaft leben. Diese Selbsterkenntnis waere der erste Schritt zur Besserung. Die Terroristen sind unsere Soehne. Unsere verstuemmelte Kultur hat sie zu dem gemacht, was sie sind. Es liegt an uns, sie aufzuhalten. Hoert euch genau an, was Jusuf al-Qaradawi zu sagen hat, der Fernsehscheich des Senders Al Jazeera. In aller oeffentlichkeit erklaert er, das islamische Recht erlaube es, US-Zivilisten im Irak umzubringen. Ein Religionsgelehrter ruft zum Mord an Zivilisten auf! Am Ende seines Lebens stachelt dieser Scheich Kinder zum Mord an Zivilisten an - waehrend gleichzeitig zwei seiner Toechter im sicheren Grossbritannien ihren Studien nachgehen, im Vereinigten Koenigreich der Unglaeubigen.

Wie koennte ein Vater wie er jemals der Mutter des jungen Nick Berg gegenuebertreten, deren Sohn wie einem Tier die Kehle durchgeschnitten wurde, weil er in den Irak kam, um Funkmasten zu reparieren? Wie koennen wir solch einem Scheich glauben, wenn er uns verkuendet, der Islam sei eine Religion der Gnade und Vergebung, und ihn doch selbst in eine Religion des Blutvergiessens verkehrt?

Frueher, vor diesem Zeitalter der Extremisten, betrachteten wir die Radikalen unter uns, ob Linke oder Nationalisten, immer als Wurzel gesellschaftlicher Korruption, weil ihre Ideologien die Basis der Gewalt bildeten und sie das Morden auf die leichte Schulter nahmen. Damals war die Moschee noch ein Ort des Schutzes und der Zuflucht. Die Religionsgelehrten kuendeten vom Frieden, und in ihren Predigten ging es um edle moralische Werte.

Verunstaltung einer unbescholtenen Religion

Es ist eine neue Art von Muslimen, die unsere Religion verunstaltete. Eine unbescholtene Religion - das sieht man schon daran, dass unsere Schriften sogar das unnoetige Faellen von Baeumen verbieten; den Mord als schlimmstes aller Verbrechen beschreiben; den verurteilen, der ein kleines Insekt unachtsam zertritt, und dem Belohnung verheissen, der einer durstigen Katze zu trinken gibt.

Das ist der Islam, wie wir ihn kannten - bevor die Islamisten mit ihren Gebetsgruppen und Programmen und Lehrern daherkamen, die politischen Gruppierungen unter ihren Einfluss brachten, die Religion entstellten und den Leuten den Verstand durcheinander brachten.

Es gereicht uns nicht zur Ehre, dass wir Muslime jetzt mit Leuten in Verbindung gebracht werden, die Schueler und Journalisten als Geiseln nehmen, die Zivilisten umbringen und Busse in die Luft jagen - ganz gleich, was fuer Leid diesen Raechern mit Sprengstoffguerteln selbst angetan worden sein mag. Diese Leute entstellen und beleidigen den Islam.

Wir werden unseren ramponierten Ruf nicht reparieren koennen, bis wir die ebenso klare wie schaendliche Tatsache anerkennen, dass heute die Mehrheit der Terrorakte auf der Welt das Werk von Muslimen ist. Wir werden es nicht schaffen, unsere Kinder, die diese abscheulichen Verbrechen begehen, von ihrem unheilvollen Weg abzubringen, ohne zu kritisieren, wie unsere Scheichs den Verstand der Leute manipulieren. Diese Scheichs, die sich auf ihren Kanzeln als Revolutionaere aufspielen und die Kinder anderer Leute in Kriege schicken - ihre eigenen aber auf Schulen in Europa und Amerika.

Copyright: Al-Scharq Al-Awsat, 2004
Uebersetzung: Steffen Gassel
Der Stern, 15.09.2004



Deutsche Muslim-Liga Bonn e.V. - 1425 / 2005